Proteste und Streiks der Minenarbeiter in Südafrika haben eine unfassbare Gegengewaltdimension in dieser Woche erreicht: Polizisten töteten mit Schnellfeuerwaffen mehr als 30 Menschen, Gewerkschafter und Angehörige. Polizeiminister Nathi Mthethwa bestätigte am Freitag nach mehr als zwölfstündigem offiziellen Schweigen den Tod von mindestens 30 Arbeitern in einer Platin-Zeche des Lonmin-Konzerns 100 Kilometer nordwestlich von Johannesburg. Der Stern berichtet von 34 Todesopfern und 78 Verletzten. Die Polizisten hatten das Feuer auf etwa 3000 mehrheitlich eher unbewaffnete Kumpel eröffnet, die sich weigerten auseinanderzugehen. Einige hatten Eisenstangen oder Knüppel dabei. Zuvor hatten die streikenden Arbeiter ein Ultimatum des Bergwerkbetreibers zurückgewiesen und sie hatten den Streik fortgesetzt. Das Unternehmen hatte ihnen im Falle der Fortsetzung des Streiks mit Entlassung gedrohte. Mthethwa verteidigte den Einsatz der Polizei. Der Einsatz erinnerte, so Betroffene, in seiner Härte an die Polizeibrutalität des früheren Apartheidregime der weißen Minderheit. Aus der Menge heraus sei an Tagen zuvor auf die Beamten geschossen worden, die zurückgeschossen hätten.
Präsident Jacob Zuma zeigte sich in einer Stellungnahme »bestürzt und schockiert über diese sinnlose Gewalt«. Im demokratischen System Südafrikas gebe es genug Raum, jeden Konflikt »durch Dialog zu lösen ohne jegliche Verstöße gegen das Gesetz oder Gewalt«.
In einem Bericht des Fernsehs waren hunderte Schüsse aus automatischen Waffen zu sehen und zu hören, bis ein Beamter rief: »Feuer einstellen.« Auf den Aufnahmen danach waren mehrere blutüberströmte, regungslose Körper zu sehen.
Seit dem 10. August streiken rund 3000 Arbeiter der Mine Marikana 70 Kilometer nordwestlich von Johannesburg. Die streikenden Arbeiter gehören einer neuen Gewerkschaft an, die gegen die Dominanz der mächtigen National Union of Mineworkers (NUM) opponiert, die eng mit dem regierenden, unternehmensfreundlichen Afrikanischen Nationalkongress (ANC), verbündet ist. Bereits vor dem tödlichen Einsatz am Donnerstag waren bei Kämpfen zwischen den verfeindeten Arbeiterorganisationen zehn Menschen, darunter zwei Polizisten, zu Tode gekommen. Der Vizepräsident des Minenbetreibers Lonmin, Barnard Mokwena, sprach nach dem Massaker vom Donnerstag lediglich von »einer Polizeioperation«. Lonmin ist einer der weltweit größten Platinproduzent. Der Gewerkschaftsvorsitzende der streikenden Arbeiter sprach von einem unglaublichen Vorgang, den er meinte mit der Apartheitsbeseitigung nicht mehr begegnen zu müssen.
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