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Tarifergebnis Chemische Industrie
04.06.2012 | 18:34 Uhr

Unter 3% auf 12 Monate, undurchsichtig, Arbeitszeitverlängerung erleichtert, Arbeitsbeschaffung für Betriebsräte, Gewerkschaft zunehmend durch Betriebsräte ersetzt

Ein Artikel aus der Bayer-BaSo-Zeitung. Die komplette Zeitung siehe link unten.

Eine 4 vor dem Komma, das klingt doch erst mal gar nicht schlecht. Bei genauer Betrachtung fällt das 4,5%-Tarifergebnis allerdings nicht mehr so attraktiv aus. Vor allem ist es kaum mehr zu durchschauen.

• Es gibt einen „Leermonat“, der bei „besonderem wirtschaftlichen Erfolg“ im Einvernehmen zwischen den Betriebsparteien entfallen kann. Da wir davon ausgehen, dass diese Bedingung bei Bayer erfüllt ist, fordern wir die Betriebsräte auf, das Entfallen des Leermonats zu vereinbaren.
• Die Erhöhung kann aber auch „aus wirtschaftlichen Gründen“ bis zu 2 Monate verschoben werden und damit noch deutlicher unter die 3%-Marke fallen.
• Die Laufzeit beträgt 19 Monate und die Erhöhung liegt somit bei rund 2,8% also unterhalb der Inflationsrate.
• Der schon bestehende Tarifvertrag „Demografie“ wird geändert: Arbeitszeitverkürzung aber auch -verlängerung werden im Rahmen des Demografie-Korridors leichter möglich. Kein Wunder also, wenn laut Frankfurter Rundschau vom 24.5.2012 Arbeitgeberpräsident Hundt das Tarifergebnis erfreut kommentiert, “dass Möglichkeiten zur Verlängerung der Wochenarbeitszeit erweitert wurden. Dies sei ein „tarifpolitisch bedeutendes Signal, das für andere Branchen Vorbildcharakter haben sollte“.
• Zu den vielfältigen Optionen (z.B. RV80*), deren Auflistung den Rahmen dieses Artikels sprengen würde, müssen jeweils freiwillige Betriebsvereinbarungen geschlossen werden. Das heißt, es hängt vom Verhandlungsgeschick und der Zielsetzung der Betriebsräte ab, wie die 200 €, die für jeden von uns in einen Fonds eingezahlt werden, verwendet werden. Einen individuellen Rechtsanspruch auf die Verkürzung hat man nur, wenn der Fonds das hergibt. Gibt es mehr berechtigte Interessenten als „Kohle“ entscheiden wieder Betriebsrat und Arbeitsgeber über die Reihenfolge der Gewährung. (* Reduzierte Vollzeit mit 80% Arbeitszeit)
• Der Tarifabschluss kann auch je nach Betriebsgröße (<201 Beschäftigte) und Vorhandenseins eines Betriebsrates unterschiedlich ausfallen.
• Die Zeiten, in denen es ein Tarifergebnis gab und man wusste, wie viel Geld man in der nächsten Zeit in der Tasche hatte, sind schon länger vorbei. Die Betriebsräte, die weder Streik- noch Mobilisierungsrechte haben, übernehmen immer mehr vom ureigenen Geschäft der Gewerkschaften und machen sie damit zunehmend entbehrlicher.

Wir als BaSo hätten uns auch Tarifforderungen vorstellen können, die neben einer deutlichen Tariferhöhung die Reduzierung der Leiharbeit und die Übernahme von Auszubildenden verfolgt. Wir glauben, dass für die Mitarbeiter der Stress immer unerträglicher wird, und die Übernahme von LeiharbeiterInnen und Auszubildende, sowohl zur Entlastung der Beschäftigten als auch zu einer besseren Lebensperspektive für die Betroffenen ein wichtiges Ziel wäre. Arbeitszeitverkürzung für Einzelne ist in Ordnung, wenn sie durch Wiederbesetzung geregelt wird. Ganz wichtig ist aus unserer Sicht, der Strategie der Arbeitgeber, die Arbeitszeit zu verlängern eine konsequente Absage zu erteilen.

Kommentar FR:
Die Chemie-Gewerkschaft IG BCE hat einen relativ niedrigen Lohnabschluss akzeptiert, der deutlich unter der Vereinbarung in der Metall- und Elektroindustrie liegt. Zum Vergleich: In der Metallbranche beträgt das Plus auf ein Jahr gerechnet fast vier Prozent. Im öffentlichen Dienst sind es 3,6 Prozent. Der Präsident des Arbeitgeberverbands BAVC zeigte sich von dem moderaten Abschluss denn auch angetan…

Für die Gehaltserhöhung und die Entlastung Älterer hat die Gewerkschaft einen Preis bezahlt: Künftig können Unternehmen einfacher als bisher die Arbeitszeiten von einzelnen Mitarbeitern oder Beschäftigtengruppen von 37,5 Wochenstunden auf 35 Stunden senken oder – was für die Arbeitgeber viel wichtiger ist – auf 40 Stunden erhöhen. Bislang waren Abweichungen vor allem dann möglich, wenn der Betrieb in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt. Künftig ist die 40-Stunden-Woche auch erlaubt, wenn ein Fachkräfte-Engpass festgestellt wird.
Aus der Frankfurter Rundschau vom 24.5.2012



Link:  BayerBaSoZeitung Juni 2012

 
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