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Das andere Davos
01.02.2010 | 19:34 Uhr

Eröffnungskonferenz Das Andere Davos 2010
29. Januar 2010, 19.30 in der Aula der Universität Basel

Begrüssungsrede von Sarah Schilliger

Liebe Anwesende
Ich möchte euch im Namen der Organisatoren herzlich begrüssen zur diesjährigen Ausgabe des Anderen Davos. Ganz speziell begrüssen möchte ich unsere Gäste, die aus 5 verschiedenen Kontinenten angereist sind. Das andere Davos feiert dieses Jahr das 10. Jubiläum, zum ersten Mal findet es in Basel statt – hier in den Räumlichkeiten der Universität. Seit der ersten Ausgabe im Jahr 2001 verstehen wir uns als Gegenveranstaltung zum World Economic Forum (WEF), dem informellen Treffen der 1000 grössten Konzerne und der politischen Führer, das diese Woche erneut in der Alpenfestung Davos – hinter Stacheldraht und unter einer enormen Polizei- und Militärpräsenz - stattfindet.
Im Kontext der Wirtschaftskrise hat sich das WEF – die globale Selbsthilfegruppe des Grosskapitals, wie diese Institution heute in einer Zeitung genannt wurde – wieder einmal grosse Ziele gesetzt: das Motto der diesjährigen Ausgabe des World Economic Forum in Davos lautet: „Improve the State of the World: Rethink, redesign, rebuild“ – den Zustand der Welt verbessern: umdenken, umgestalten, umbauen. Dies hat Cheforganisator Klaus Schwab als Slogan ausgegeben. Offensichtlich ist den Köpfen des WEF klar, wie es um ihre Welt bestellt ist.

Wenn man der Presse der letzten Tage Glauben schenkt, bekommt man den Eindruck, dass sich die Herren in Davos nun ganz plötzlich in Globalisierungskritiker verwandelt haben, die jene Ideen, die sie vor ein, zwei Jahren noch als verrückt oder utopisch abstempelten, nun als ihre neuen hehren Ziele verkaufen: In Davos ist die Rede ist von einer Regulierung der Finanzmärkte, von der Einführung einer Tobin Tax, vom Ende der Steuerparadiese. Sarkozy sprach in seiner Eröffnungsrede am Mittwoch gar von einem „entarteten System“, das es zu ändern gelte.

Im Tagesanzeiger war diese Woche zu lesen, dass der Plan einer weltweiten Tobin-Steuer heute aus den Regierungspalästen komme, die Globalisierungskritik nicht mehr auf der Strasse stattfinde – nein: Heute fährt die Globalisierungskritik in der gepanzerten Limousine vor. Die Ideen der Bewegung seien mitten im Establishment gelandet.

Doch wir lassen uns nicht für dumm verkaufen! Wir glauben diesem Politmarketing nicht. Jene, die uns in die Krise geführt haben, wollen nun also glaubhaft machen, dass sie die Lösungen für die Probleme der Welt bereit hätten. Das ist doch nichts als warme Luft – wie wir das schon im vergangenen Dezember in Kopenhagen erfahren mussten, wo die Klimakonferenz in einem grossen Desaster endete!

Wir kennen inzwischen die Projekte und Rezepte dieser „globalen Agenda“, die uns das WEF als neue Innovation verkaufen will, schon zur Genüge:

Die Global Leaders von Davos versprechen uns eine Zukunft, in der das Leben und die Würde von Millionen Menschen nicht viel zählt im Vergleich zur Entwicklung der Aktienkurse und der Konzerngewinne.

Denn es sind die gleichen Akteure, es ist der gleiche Sarkozy, der vorgestern in Davos eine Brandrede gegen die Fehlentwicklungen des Kapitalismus hielt, der gleichzeitig in seinem Land, in Frankreich, die Post privatisiert, einen Angriff auf die Renten startet, die Arbeitslosenversicherung attackiert, das Bildungssystem demoliert, mit grösster Repression gegen MigrantInnen vorgeht und den Krieg in Afghanistan unterstützt.

Politmarketing ist das eine, die politische Realität das andere.

Die Konsequenz ihrer Politik erfahren wir tagtäglich, auch in Europa und hier in der Schweiz. Zweifellos erleben wir im Kontext der Wirtschaftskrise eine neue Offensive der Herrschenden. Und wieder einmal wird klar und ganz deutlich: Der „Geist von Davos“ entspricht den Interessen der Konzernführer, der Investoren und Kriegsherren, nicht jenen der Unterdrückten, der Ausgebeuteten, der Macht- und Rechtlosen.

Aber: Es gibt auch unzählige Formen des sozialen und politischen Widerstands, in allen Teilen der Welt. Bereits heute wird eine andere Welt gedacht und gebaut, durch vielfältige Formen von Widerstand, Kampf und Ablehnung. Es ist deshalb in unseren Augen höchste Zeit, diese Kämpfe zusammen zu führen. Diese Bewegungen und Proteste miteinander zu verbinden und zu verstärken, auf internationaler Ebene. Die verschiedenen Erfahrungen des Widerstands auszutauschen und über grundlegende Alternativen zur kapitalistischen Globalisierung zu diskutieren. Denn diese Erfahrungen zeichnen ansatzweise die Konturen einer anderen, einer radikal demokratischen Welt. Wir möchten hier am Anderen Davos denjenigen Menschen das Wort geben, die diese Bewegungen und Prozesse tragen.
Dabei lassen wir uns nicht vom Versuch der Herrschenden irritieren, unsere Ziele durch ihr grosses Palaver zu kooptieren. Wir glauben nicht daran, dass die Lösung „von oben“ kommt, sondern sind überzeugt, dass konkrete Alternativen nur „von unten“ gedacht und erkämpft werden können.

Anders als die Herren in Davos geben wir nicht vor, fixfertige Rezepte bereitzuhaben. Es geht hier nicht darum, einen Wettbewerb zu lancieren, wer den besten Masterplan zur Veränderung der Welt bereit hat. Wir vertrauen vielmehr der Kreativität und der Intelligenz der unzähligen Menschen, die sich tagtäglich wehren, die ihre Bedürfnisse äussern und dafür kämpfen, dass diese Bedürfnisse in soziale und politische Rechte transformiert werden.

In diesem Geist wollen wir die heutige Konferenz eröffnen. Es ist der Geist des anderen Davos, und wir hoffen, dass auch hier an der Universität Basel – hier in diesem historischen Raum, der vor wenigen Wochen von Basler Studierenden besetzt wurde im Rahmen der Bewegung „UnsereUni – ansatzweise die Konturen einer anderen Welt gezeichnet werden.



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